April
bis Juni 2007
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Sonntag 1.4.2007
Seit dem ich
mich von der Idee des Freskos verabschiedete und auf die
praktische Ausführung der Vorgehängten Planen umdacht,
grübele ich über die fotografische Technik, speziell für
das Projekt, nach. Von dem Analogen und das ist für mich
ausschließlich S/W, will ich keinen Abschied nehmen. Es ist
meine Welt, aber ohne Digitalen lässt sich das Projekt
nicht realisieren. Für mich sind es zwei verschiedene
Medien, auf das S/W wartet man, es muss entwickelt werden
und ist mit konzentrierter, geduldiger Arbeit verbunden.
Jedes S/W Bild trägt schon eine Erinerrung in sich, weil es
mit einem Abstand betrachtet wird. Das digitale Bild ist
schneller da, als man sich dran gewöhnen kann. Es ist auch
kein Polaroid. Das Sofort der Polaroidbilder kam
allmählich, die Farben sättigten sich langsam, die
Entwicklung hatte scheinbar kein Ende. Man hielt es in der
Hand und staunte...
Das Digitale ist nicht haptisch und man kann es löschen.
Das Analoge muss man vernichten.
Sie stehen nicht in Konkurrenz gegenüber, sie ergänzen und
bereichern sich. Dieser Gedanke ist der Ausgang für die
Arbeit in der Hüttenstraße. Durch die Monumentalität
erfordern die Bilder hohe technische Qualität und
Auflösung. Daher habe ich gestern Samsung NV7 gekauft. Für
mich noch ein unbekanntes Wesen, nicht unähnlich meinem
analogen Olympus XA. Mit diesen beiden Geräten werde ich
das Projekt realisieren…
Dienstag 3.4.2007
Heute gebündelte
Termine.
Um 11 Uhr hatten wir ein Treffen mit Frau Hardt von der
Kindertagesstätte in der Barbarastraße.
Da der Kindergarten umgebaut wird, hat Frau Hardt uns
gebeten, den Termin in die Räume des Stadtteilbüros zu
verlegen. Als wir kamen, war das Büro in voller Besetzung,
Frau Petersen steuerte uns in den hinteren Raum, wo wir auf
Frau Hardt warteten.
Frau Hardt ist eine energische Dame. Die 25 Jahre
Kindergartenerfahrung in Rothe Erde sieht man ihr an, wie
sie selber sagt. Wir stellten ihr das Projekt vor, und
äußerten unseren Wunsch, mit den Kindern aus ihrer KiTa zu
arbeiten. Sie hörte es aufmerksam an, und prüfte es an
Problemen. Das Vorsprechen mit den Eltern, das Vorsprechen
bei den Vorgesetzten der Kirche. Sie bat uns, ein Konzept
zu schreiben und mit der kurzen Beschreibung des Projektes
an sie zu schicken, damit sie die Eltern überzeugen kann.
»Wenn die Vorgespräche gut laufen, können wir den Termin
für die Aufnahmen fest machen…«
Sie bat uns um Geduld…
Unser Konzept für die
KITA
Um 13 Uhr das
Termin bei Frau König in GEWOGE Gebäude. Für sie hatte ich
ein Konzept im groben fertig, es machte die Sache leichter.
Wir unterhielten uns dann über die Organisation des Festes
für die Bewohner der drei GEWOGE Häuser. Wie groß, in
welchem Rahmen, wann etc. Auch in welcher Form die Leute
anzusprechen sind und welche Rolle sie dabei spielt. Auch
für sie ist diese Form der Zusammenarbeit neu, daher wirkte
sie manchmal unsicher…
Unser Konzept für die
GEWOGE
Nach einigen hin und her meinerseits setzten wir den Termin
auf den Samstag den 2.6. fest.
Sie versucht einen entsprechenden Brief an die Bewohner zu
konzipieren.
Als ich sie fotografieren wollte, hat sie sich geweigert,
das Bitten half auch nicht, ich verzweifelte und schaute
mich um, womit ich meinen Besuch illustrieren könnte. Frau
König sah meine Verzweifelung an.
»Geben Sie mir die Kamera, ich mache diesmal ein Foto von
Ihnen…«
»Eine schöne Idee,« sagte Roger…
Ich rief Frau Dormann an und sagte ihr, dass wir in GEWOGE
früher fertig seien. In 10 Minuten saßen wir im
Stadtteilbüro in der Elßassstrasse. Das Thema war das
Tagebuch, die Klärung der strittigen Stellen und die
Beseitigung der faktischen Fehler. Wir mussten es aus dem
Netz zurückziehen, da sich ein paar Leute beschwert hatten.
Darüber hinaus erwartete uns eine Diskussion über die
Fotos.
Ich glaube, ein
erfahrener Porträtist zu sein. Ich habe ein Porträtbuch
herausgebracht, fotografierte Menschen zwei Jahre lang für
die Rubrik »Unverlangt Eingesandt« der Kölner
Stadtanzeiger, realisierte ein Porträtprojekt für die Stadt
Bergisch Gladbach.
Ein Porträt zu fotografieren ist immer eine soziale und
kommunikative Arbeit, bei der zu einer gegenseitigen
Einflussnahme kommt. Ein gutes Porträt ist Folge der
intensiven Begegnung, der Gespräche. Offen sein, öffnet den
Gegenüber…
Die größte Erfahrung für mich ist das Erkentniss, dass das
Porträt nie den Erwartungen des Porträtierten entspricht.
Ich als Fotograf kann nie dem Porträtierten gerecht werden.
Jeder von uns hat ein eigenes Bild von sich, seit unserem
dritten Lebensjahr ändert sich das Bild eigentlich nicht.
Morgen für morgen sehen wir uns im Spiegel, seitenverkehrt
kennen wir uns am Besten. Und wie überraschend wirken
manche Schnappschüsse von uns. Unerwartete, unbekannte
Facetten entdecken wir an uns…
Fast immer, wenn ich die fertigen Bilder auspacke und
zeige, haucht ein Schleier der Enttäuschung über das
Gesicht der abgebildeten Person. Für mich ist es ein Teil
des Rituals und schaue drüber hinweg…
Am Anfang wollte ich die ganze Person samt Charakter und
Stimmungen in einem Bild erfasst haben. Diesen Anspruch
änderte sich nach und nach. Heute weiß ich, dass ich den
Moment fotografiere, mit dem Porträt dokumentiere ich auch
unsere Begegnung. Ich spiegele auch mich
selbst…
Die ganze Sitzung mit Frau Dormann verlief lockerer, als
erwartet. Von Spannung keine Spur. Sie hatte sich das ganze
Tagebuch aus dem Netz ausgedruckt, Notizen zu den
entsprechenden Stellen gemacht, die wir dann abarbeiteten.
Es waren keine unlösbaren Aufgaben. Ein Paar Fotos
ersetzen, zwei oder drei ganz entfernen. Mit dem Text hielt
sich das ähnlich. Manche faktische Fehler haben wir
korrigiert, manche Stellen, die unklar oder jemandem
unangenehm waren, haben wir abgemildert, und angreifbares
entfernt. Darüber hinaus hat sie auch paar orthographische
Fehler korrigiert. Alles Sachen, mit denen wir Leben
konnten, was wir drin lassen wollten, haben wir nach einer
Diskussion auch drin gelassen.
Nachher besprachen wir das Organisatorische zu der
Pressekonferenz am 25.4.07 in dem Stadtteilbüro in der
Hüttenstraße. Wir gingen viele Fragen durch. Zum Schluss
kam auch Privates dran, das hat das Gespräch abgerundet und
allen gut getan.
Gleich am Abend stellte Roger das Tagebuch wieder ins Netz.
Rogers gesammelte
Mailwerke
Montag
16.4.2007
Urlaub an einem
Sommertag in Aachen verbracht.
Wie fast immer, biege ich rechts in die Hüttenstraße &
gleich nochmals scharf rechts, lande ich auf dem
Schotterplatz vor Dr. Sendziks Haus.
Da ich es gestern verpennt hatte, ihn anzurufen und einen
Termin zu machen, besuche ich ihn unangemeldet. Ihn zu
überfallen ist der schnellste Weg. Er kommt wie immer
gehetzt mit der Lupe auf der Stirn. Verlegener Blick, er
denkt über meine Frage nach. Heute verwies er mich an seine
Sekretärin Rosi, die mir einen Termin für den Freitag nach
unserer Pressekonferenz (26.4.07) gab. Bis dahin schreibe
ich ein Konzept und mache ein paar Skizzen dazu…
Es verengt sich…
Von Dr. Sendzik flaniere ich durch die Hüttenstraße zu Frau
Hardt, der Chefin des Kindergartens in der Barbarastraße.
Der Verkehr macht die Straße laut und stinkig. Die relativ
schmale Straße muss viel Last aushalten. Wenn die
Hüttenstraße beruhigt wäre, könnte aus Rothe Erde
vielleicht ein Gartenviertel werden.
Schon vor Ostern hatte ich Frau Hardt mein Konzept
geschickt. Frau Hardt hatte heute ihren ersten Arbeitstag
nach einer Woche Urlaub, für einen Besuch die schlechteste
Zeit. Ich begriff es und verschwand schnell, ohne sie
richtig gesprochen zu haben.
…ich ging in die NORMA, zog meine Kamera raus und schoss
systematisch um mich rum. Diesmal ging es leichter. Die
Dimension im Auge und das Motiv im Kopf habe ich heute die
Kulissen und Requisiten fotografiert.
Ich machte eine Serie von S/W Bildern, ein Paar Details in
Farbe und kaufte noch fünf NORMA Plastiktaschen der letzten
Auflage mit Marylin Monroe drauf.
Kurz vor eins war ich im Stadtteilbüro bei Frau Dormann,
die mich verwundert anguckte…
»Herr Snobl, sie sind zu früh, wir waren für zwei
verabredet… Aber, wenn sie schon da sind…«
Im Hinterteil des Büros, am großen Tisch zeigte ich ihr,
wie wir uns die Boxen als Pressemappen vorstellen, was wir
schon haben und was wir wünschen. Sie leerte ihre Regale.
Broschüren, Postkarten, Plakate, Zeitungen, Einladungen,
alles mit Bezug auf die Straße.
Zum Schluss zog sie zwei Mappen der Ausstellung über die
alte Hütte heraus. Neu vergrößerte Barytabzüge von alten
Glasnegativen. Formate 30x40 bis 50x60 cm in Passepartouts.
Diesen Schatz durfte ich mit nach Hause nehmen…
Dienstag 17.4.2007
Um 11 Uhr bei Roger
in Düsseldorf. Nach langer Zeit wieder in seinem Studio.
Ich habe 15 DIN A4 Schachtel mitgebracht, die wir heute mit
verschiedenen Materialen füllen wollen. Ich hatte alle
Original Baryt Fotos mitgenommen, die ich gestern von Frau
Dormann bekam, auch anderes Material, was wir mit Frau
Dormann im Stadtteilbüro für diesen Zweck aussortiert
hatten.
Postkarten, Zeitungen, Zeitschriften, Broschüren.
Nach drei Stunden intensiver Arbeit verabschiedeten wir uns
und ich fuhr zufrieden nach Hause…
muralefotografie im
web
Donnerstag
19.4.2007
Aachen Eilendorf.
Um halb 3 waren wir mit Herrn Pröhuber vom Helios Verlag
verabredet.
Ich kam wie immer zu früh. Fuhr durch die Gegend, ließ die
Umgebung auf mich wirken. Eilendorf ist sehr dörflich,
niedrige Häuser, enge Straßen. Die Hauptstraße ist mit
japanischen Kirschbäumen markiert. Um diese Zeit in voller
Blüte.
Ich suchte wieder vergeblich ein Café, wo ich sitzen und
die Umgebung beobachten könnte. Irgendwann kam ich zum
Eilendorfer Markt und fand eine Eisdiele. Der Markt war
trotz der Sonne leer, an Nebentischen in dem Eiscafé waren
nur Rentner. Ein Paar mit einem großen Hund. Sie bestellten
3x Eispokal. 3x die gleiche Sorte mit viel Sahne. Für sich
und für den Hund…
Ich fuhr zurück zur Brückstraße, parkte vor einem Haus und
schlief ein. Ich wurde von einem einparkenden Auto geweckt,
HELIOS – ein Verlag für die regionale Literatur, las ich.
Aus dem Auto stieg ein Herr aus, wahrscheinlich Herr
Pröhuber…
Kurz danach kam Roger und wir gingen in das verkachelte
Gebäude aus den 50ern rein.
Es war Herr Pröhuber. So um 60 Jahre alt. In dem Zimmer
selbst war ich sofort zu Hause. Bücher, Bücher, Bücher in
durchgehenden Räumen. Büro, Lager, Empfangszimmer in einem.
Ein typischer Geruch von Staub und Papier. Zwischen den
Büchern Arbeitstische für die Mitarbeiter. Regale bis zu
der Decke. Voller Bücher. Herr Pröhuber lotste uns in das
letzte Zimmer. In einer Ecke war eine Sitzgarnitur mit
einem kleinen Tisch. Wir gruppierten uns um den Tisch rum.
Es war eine Schnupperrunde.
Ich hatte drei Aachener Verlage angerufen. Die zwei anderen
haben nach einem telefonischen Gespräch abgelehnt.
Mit Herr Pröhuber von HeliosVerlag waren wir uns schnell
einig. Nach den ersten Orientierungsfragen kam er sofort
mit einem Termin, das telephonische Gespräch fand vor zwei
Tagen statt und jetzt sitzen wir hier und betasten uns.
Wir haben über unser Jahr mit dem Projekt gesprochen. Herr
Pröhuber stellte geschickt Fragen, auch solche, die wir uns
selber noch nicht gestellt hatten. Später fragten wir. Was
für ein Verlag er hat, wie hat es angefangen, was sind
seine Schwerpunkte, wie das Geschäft läuft.
Dann war er wieder an der Reihe. Für wen soll das Buch
bestimmt werden, wie soll es aussehen, was darf es kosten,
zu welchem Zeitpunkt soll es rausgebracht werden usw.
Aus dem Vorstellungsgespräch wurden zwei voller Stunden
intensiver Reden.
Zum Abschied haben wir eine wachsende Zusammenarbeit
verabredet.
Bisher machte ich mir keine Gedanken über die Form des
Buches, weil die Möglichkeit nicht da war. Jetzt hat sich
die Situation geändert… Das Material, das Format, die
Themen, das Tagebuch…
Als wir uns nach zwei Stunden verabschiedeten, waren wir
alle drei sichtlich beeindruckt. Ich ging weg in dem
Glauben, dass ein Buch aus dem Projekt wird…
Montag 23.4. 2007
Bei Roger in
Düsseldorf, mal wieder. Ich brachte ihm noch schnell das
I./07 Tagebuch, damit es noch vor der Pressekonferenz im
Netz ist. Nebenbei haben wir wieder die Postkarten
geschnitten, Kästchen gefüllt und über die Pressekonferenz
nachgedacht - wen noch einladen...?
Mittwoch
25.4.2007
Ich kam halbe
Stunde früher in das Stadtteilbüro, Roger war schon da und
bastelte an dem Hintergrund. Dann stellten wir die Stühle
in Halbrund. Wie vor einem Jahr, als die Eigentümer zum
ersten Mal hier zusammenkamen und uns aus-ein-an-der
nahmen.
Papier zur
Pressekonferenz
Die Pressekonferenz. Frau Dezernentin Nacken kam pünktlich
um 11, kurz davor Herr Begaß, die meisten Journalisten
kamen später.
Alles lokale Presse, Zeitungen, Zeitschriften, lokales
Radio. Zwei Fotografen… ca. 7 Personen.
Frau Nacken hat das Projekt politisch-gesellschaftlich
eingeführt und begründet, dann haben wir geredet. Ich ließ
Roger sprechen. Es ist besser so, er spricht und ich steige
irgendwo ein. Wir glaubten, alle Fragen richtig beantwortet
zu haben. Nachher kamen die zwei Fotografen an die Reihe.
Die Dame hat uns wie eine Fußballmannschaft um unser Bild
postiert. Es war furchtbar, das Bild möchte ich gern
sehen… (Geht doch! > kommt
noch)
Ihr Kollege trieb uns alle zu der Kreuzung
Hüttenstraße/Madrider Ring. Spaziergang in der Sonne, ich
mit dem Bild unter dem Arm. Er gruppierte uns dem Sendzik
Haus gegenüber und wiederholte erzählerisch unser Bild in
der realen Szene.
Vor dem Stadtteilbüro angekommen, gaben wir noch in Lärm
der Hüttenstraße das Interview für das Lokalradio…
(mp3! > kommt
noch)
Nachher zu Frau König/Langecker ins GEWOGE Haus gefahren.
Wir brachten ihr unsere neuen Postkarten.
Sie guckte sie an und sagte enttäuscht, dass sie das
Vorhaben nicht ausdrücken…
Wer schreibt welches Text, Wer tut was…? Sie schreibt
nächste Woche einen Text…sie versucht es…
Sagte sie zum Abschied…
Text Frau
König
Dienstag
8.5.2007
Ich war eine Woche
abwesend, auch von dem Projekt, Kraft schöpfen durch
woanders zu sein.
Nach meiner Ankunft sprangen mir aus dem Computer 30
E-Mails entgegen. Die Meisten betrafen die Hüttenstraße.
Mitteilungen, Erklärungen, Klagen, Lob & Tadel…
Mail Frau
Forsch-Fücker
Mail Roger
Um 14 Uhr kam Roger mit dem Zug, sein Auto hatte den Geist
aufgegeben.
Davor sagte Frau Gerda Frosch-Fücker den ersten Termin ab.
Wir haben rumtelefoniert, organisiert, geplant und sich um
Catering, Fest und die Organisation gekümmert.
Nach Aachen kamen wir früh, so dass wir Maria Keuchen
besuchen konnten. Sie und ihr Mann erzählten uns wieder
viel über die Straße, was wir aber bräuchten, ist etwas,
was uns nach vorne bringen würde. Maria schlug vor, mit uns
in eine Kneipe zu gehen und uns den Leuten vorzustellen.
Wir verabredeten uns für nächsten Mittwoch und eilten zum
Dr. Sendzik.
Der Doktor war wie immer sehr beschäftigt, die Schwester
lotste uns ins Wartezimmer.
Als er kam, staunten wir. Er war in Zivil und wirkte
schlank und frisch. Ich zog das Konzept aus der Tasche,
dazu alle Skizzen und Notizen zu dem gedachten Portrait.
Mit Roger hat er die Fassade besprochen. Zum Schluss
machten wir einen Termin fest. Zum Fotografieren. Bei ihm
zu Hause. In zwei Wochen.
Dr Senzik ist ein Segelflieger. In einem Moment hat Roger
nebenbei gesagt, dass wir es einbringen sollten.
»Wie Ikaros?« fragte ich. »Genau« antwortete er. Der Doktor
schwieg, aber die Idee gefiel ihm eigentlich…
Kurz nach sechs waren wir bei den Aachener Stadtkadetten,
bzw. bei ihrem Präsidenten, Josef Beckers.
Herr Beckers und der Geschäftsführer der Kadetten, Karl
Dieter Wolff erwarteten uns schon. In der engen Küche
beschnupperten wir uns.
Die Herren hatten unser Projekt im Stadtteilbüro kennen
gelernt und uns sofort angemailt. Wir meldeten uns zurück
und machten den Termin aus. Jetzt saßen wir in ihrer Küche
und hörten uns die Geschichten von der Hüttenstraße an.
Beide Herren sind hier geboren und aufgewachsen. Die
meisten Geschichten handelten von der Zerstörung der
Strukturen, von kaputten Kneipen oder von dem
Konkurrenzkampf der Gesellschaften. Auch die Fluktuation
der Bevölkerung war ein Thema. Die meiste Zeit hörten wir
zu.
Irgendwann äußerten die Herren den Wunsch, dass wir auch
ihr Haus gestalten. Roger zögerte nicht und fragte gleich,
ob wir es nicht direkt in den Putz, freskoartig, wie wir es
ursprünglich vorhatten einarbeiten könnten. Die Herren
sagten zu. Ich schenkte ihnen mein Karnevalsbuch und wir
gingen das Haus von außen anzugucken.
Draußen haben wir das Maß genommen und uns verabschiedet.
Mittwoch 16.5.2007
Frau Hardt gelang es nicht, warum auch immer, die Eltern zu
überzeugen. Sie bat uns, an einem Morgen zu kommen und es
selber zu tun. Ich war einverstanden. Roger als Vater mit
Kindergartenerfahrung warnte davor. Die Eltern sind morgens
in Stress und werden keine Lust zu Gesprächen haben.
Ähnliches hab ich von mehreren Freunden/Eltern gehört.
Es war aber der einzige Weg, an die Eltern der Kinder heran
zu kommen.
Kurz vor acht war ich an dem Parkplatz vor dem Kindergarten
in der Barbarastraße. Die Räume waren noch leer, eine oder
zwei Betreuerinnen, eine Putzfrau. Ich fing an im Foyer der
KiTa eine Art Infostand zu gestalten, auf den Tisch
breitete ich die Postkarten und das vervielfältigte Konzept
aus. Eine der Betreuerinnen machte mir Kaffee. Roger kam
später und war zerstreut und unruhig.
Die Mütter brachten ihre Kinder, ich sprach sie an, bat sie
um das Erlaubnis, ihre Kinder fotografieren zu dürfen und
erklärte auch wofür.
Als Belohnung bekommt jedes Kind ein Bildnis von uns und
wir bekommen die Rechte zu Nutzung der Bilder für das
Projekt.
Nachdem ich die Eltern aufklärte, bat ich sie, eine Art
Einverständnis zu unterschreiben. In einer Stunde, bis neun
Uhr, sammelten wir ca. 16 Unterschriften zusammen.
Kinder aus der ganzen Welt. Es war bis ein paar Ausnahmen,
kein Problem die Eltern, überwiegend Mütter, zu überzeugen.
Die meisten türkischen Frauen wollten zuerst zu Hause die
Männer fragen.
Manche Eltern hatten Angst um ihre Kinder, andere Eltern,
meistens deutsche Mütter, sagten aus Desinteresse ab. Aus
eigenem Desinteresse, nicht die der Kinder…
Um neun waren wir im Kindergarten fertig. Roger fuhr nach
D. und ich zum Ludwig Forum, wo ich im Büro den Schlüssel
von dem Gästezimmer abholte. Heute Abend schlafen wir in
Aachen…
Nachher rief ich den Helios Verlag an. Ich war mit Herrn
Pröhuber verabredet, und wollte wissen, ob er schon da sei.
»Er hat heute den ganzen Tag Termine, ich weiß nicht, wann
er reinkommt.« sagte mir die Sekretärin.
Von unserer Verabredung wußte sie nichts. Enttäuscht
entschied ich mich für einen Kurz-Trip nach Holland.
Vaals. Überrascht, dass direkt ab der nicht existenten
Grenze, sich alles komplett ändert. Die Architektur, das
Leben, die Atmosphäre, die Menschen. Kleiner Spaziergang
und weiter nach Heerlen.
Eine hässliche Stadt, die stark an alte Ostblock erinnert…
Um 11 Uhr rief ich nochmal den Helios Verlag an. Herr
Pröhuber kam dran und entschuldigte sich für das
Mißverständnis seine Sekretärin. Wir machten gleich einen
neuen Termin für nächste Woche aus.
Um 12 Uhr war ich zurück in der KiTa in der Barbarastraße.
Die Eltern holten ihre Kinder ab. Eine großgewachsene Frau
mit zwei Kindern trat an mich heran und entschuldigte sich.
Es stellte sich heraus, dass sie die Sekretärin des Helios
Verlags ist und das heutige Mißverständnis verursachte.
Um zwei waren wir mit Frau König verabredet. Es ging um den
Brief an die Mieter der GEWOGE Häuser in der Hüttenstraße.
Frau König schreibt
den Brief und wir das Konzept. Wir laden auch die Bewohner
zu einem Fest am 2.6.07 ein.
Unsere Sitzung verlief diesmal klar und entspannt. Wir
einigten uns schnell. Frau König läßt ihr Brief auf GEWOGE
Papier schreiben, unser Konzept liegen wir bei. Ich soll es
so schnell wie möglich fertig machen, die Zeit
läuft…beleerte sie mich zum Abschied…
Um drei trafen wir uns mit Roger im Stadtteilbüro bei Frau
Petersen. Sie übergab uns die Presseausschnitte von unserer
Konferenz.
In der Elßassstrasse gaben wir Frau Dormann die
überarbeitete Rechnung ab und nahmen die alte wieder mit…
Den Nachmittag in unserem Appartment im Ludwig Forum
verbracht.
Ich legte mich ins Bett und hielt einen kleinen
Nachmittagsschlaf…
Um halb acht bei Günther & Maria Keuchen, in ihrem Funk
& Sat Shop. Gut gelaunt wie immer, hat Günther für uns
ein paar Fotos und Errinnerungsstücke ausgekrammt.
So um neun verließen wir den Laden und gingen in die Kneipe
»Zur weißen Maus« am Anfang der Hüttenstraße.
Die Kneipe war voll. Die Gäste drei Generationen spielten
Dart oder guckten Fußball im Fernseher, Ausländerfrei wie
die Musik aus den Boxen. Günther Keuchen lud zu unserem
Treffen noch einen Erzähler ein. Den Nachbar Günther
Schwarz und seiner Frau Kathi. Beim Warsteiner Pils aus 0,3
Gläsern erzählten uns beide Günther über die Rothe Erde, wo
sie geboren sind. Sie erzählten über die alten Fabriken,
die Fußballmanschaften, ihre Lehrjahre nach dem Krieg in
zerbombten Aachen. Ohne Pathos schilderten sie uns die
Hüttenstraße, die trotz aller Verschönerungen, Beruhigungen
und Ausbreitungen schmuddelig geblieben ist.
Es war laut in der Kneipe »Zur weißen Maus«. Die
Übertragung des Fußballs heizte die Männer auf, auch die
Dartspieler wurden lauter. Wir bezahlten und gingen noch zu
Günther & Maria nach Hause. Günther legte seine
Lieblingsmusik aus den 60er Jahren auf und Maria holte den
Sliwowitz aus ihrer Mährischen Heimat an den Tisch.
Zusammen blätterten wir alte Fotoalben durch. Omas, Opas,
Eltern, Geschwister, Kinder, Reisen. Zwei Leben aus zwei
Kulturen schmolzen hier zusammen, unersättlich hörte ich
erst dann auf, als die Fotoalben alle waren und Günther ein
DVD mit seinen digitalen Bildern in Fernseher abspielen
ließ.
Letzter Sliwowitz für den Weg.
In unserem Zimmer in Ludwig Forum erzählte Roger
Geschichten aus seiner Kindheit.
Seine Stimme in der Dunkelheit wirkte auf mich wie ein
Wiegenlied……
Maria Himmelfahrt, wachte ich auf und sah Roger noch im
Bett, aber schon mit Computer, den gestrigen Tag
verarbeitend…
Montag
21.5.2007
SMS von Dr. Sendzik:
Hallo Herr Snobl, unseren
Termin für Mittwoch muß ich leider absagen. Sorry.
Gruß H.S.
Herr Dr. Sendzik weiß gar nicht, in welche Situation er uns
mit seine Absage bringt…
Dienstag
22.5.2007
Mit Frau Hardt haben wir den Termin auf zwei Uhr gesetzt.
Ich bin aber schon um 13 Uhr in KiTa. In dem zugewiesenen
Raum baue ich die Blitzanlage auf. Wenn es fertig ist,
fange ich sofort mit den Fotos an.
Ich nehme alles auf Mittellformat auf. Die Kinder spielen
mit, es macht Spaß, eigentlich genau so, wie ich es mir
vorgestellt habe.
Und es ist ein Verwandlungsspiel.
Roger fotografiert draußen im Garten, ab und zu kommt er
rein, knipst bei mir mit und geht wieder. Auch ein Portrait
von Frau Hardt und zwei Betreuerinen gemacht. Nach ca. 2
Stunden sind wir fertig.
Draußen im Auto rufe ich Herr Pröhuber im Helios Verlag an
und frage ihn, ob wir den Termin von morgen auf heute
vorverlegen könnten… »Dr. Sendzik hat für morgen abgesagt…«
begründe ich es.
Wir können sofort kommen.
Gleicher Tisch im letzten Raum, gleiche Sitzordnung,
gleiches gedämpftes Licht, Déjà vu.
Roger hatte letzte Woche zwei Buchdummys entworfen. Ein
schmaler Hochformat. Herr Pröhuber hielt es in der Hand und
fragte: Wer ist die Zielgruppe von dem Projekt und dem
Buch? In welche Auflage soll es erscheinen? Wieviel Seiten
soll es haben und mit welchen Inhalten wird es gefüllt?
Fragen, auf die wir Antworten suchen.
Der Entwurf ist der Anfang…
Etwa über eine Stunde blieben wir in Eilendorf.
Freitag
25.5.2007
Ludwig Forum. Um 20 Uhr ist die Eröffnung der Ausstellung
von Chuck Close. Der amerikanische Fotorealist in Rollstuhl
zieht viele Besucher an.
Bei schönem Wetter standen wir mit Roger vor dem Eingang
des Museums und ließen die Besucher an uns vorbeigehen.
»Ich habe Frau Forsch-Fücker gesehen,« sagte ich zu Roger.
Wir sahen Frau
Forsch-Fücker noch nie, sie hatte uns aber eine E-Mail
mit ihrem Bild geschickt.
Und die Dame ging jetzt in das Forum rein.
Vor dem Tisch, wo Chuck Close Autogramme gab, bildete sich
eine lange Schlange, wo wir Frau Forsch-Fücker ansprachen.
Sie war überrascht und erfreut. Während sich die Schlange
voranbewegte, erzählte uns Frau Forsch-Fücker kurz über
sich.
Bei Chuck Close angekommen, ließen wir sie vor, als wir
dran waren, zauberte Roger unser Kartenset heraus, übergab
es Chuck Close und erklärte ihm schnell das Projekt.
Ich ließ mir lediglich die Einladungskarte signieren.
Freitag
1.6.2007
Nachmittag um 3 Uhr traf ich Jochen Bank in Café Zeit der
Kirschen. Jochen macht für verschiedene Fernsehsender
Kulturbeiträge. Es ist ihm gelungen, einen Beitrag über die
»Murale Fotografie – Kunst in der Hüttenstraße« an ZDF
Dokumentationskanal zu vermitteln. Ca. 15 Minuten
Sendezeit. Wir einigten uns auf die Art der Zusammenarbeit,
wie wir kooperieren und was für Infos er von uns braucht.
Ich informierte ihn über die nächsten Termine und lud ihn
für morgen zum Fest ein. Dann kann er ein Teil der
Hüttenstraße kennenlernen, die Bewohner der GEWOGE Häuser.
Samstag 2.6.2007
Um 9 Uhr trafen wir uns mit der Catering Firma KERRES
zwischen den GEWOGE Häusern Katharinenstraße/Hüttenstraße.
Nach kurzer Absprache fingen vier Jungs an ein Zelt
aufzubauen.
Das Fest für die Mieter der Häuser Hüttenstraße 182,
Katharinenstraße 2 und Fringsgraben 2 wurde für 12 Uhr
angekündigt. Roger machte einen Quasi Hausmeister aus, der
uns den Strom zur Verfügung stellte. Ein Mieter aus einem
anderen Haus verschaffte uns Zugang zum Wasser. Alles ohne
Probleme und Diskussionen. Während der Aufbau konnten wir
verstecktes Interesse hinter den Gardinen beobachten.
In dem Zelt richtete ich ein kleines Studio ein, das mit
einer Stellwand von dem Essbereich abgetrennt war.
Den Grill und die meisten Tische stellten wir draußen,
neben dem Zelt auf.
Ab 12 Uhr kamen sie langsam, schüchtern setzten sie sich,
nahmen das angebotene Bier, Wasser oder Cola und
unterhielten sich mit uns. Eine Frau aus Afghanistan, eine
aus Togo, Türken und Marokkaner, ein Paar aus Bosnien und
auch Deutsche, der schönste Rentner der Hüttenstraße, wie
sich ein älterer Herr selbst vorstellte.
Paar Stunden später wurde es ein schönes durcheinander,
Kinder krabbelten rum, Jungs saßen in einer Ecke, die
Mädchen in einer andere.
Nach und nach holte ich sie alle in mein Studio zum
Fotografieren. Bereitwillig posierten sie, einzel, mit
Frau, Schwester, Kind oder Freund. Das Fotografieren wurde
zur Performance. Der Gedanke, auf eigenem Haus als Poster
zu erscheinen gefiel ihnen und brachte tatsächlich in dem
Moment ein Gefühl der Gemeinsamkeit....
Irgendwann am Anfang kam auch Frau Dormann vorbei. Sie sah
müde aus, sprach eine Weile mit uns, beobachtete das
Geschehen und ging bald wieder.
Um 2 Uhr kam Jochen. Die Leute waren schon locker, Jochen
zog seine Kamera raus, ich stellte ihn vor und er fing
gleich mit seiner Arbeit an.
Später kam auch Frau Wilden von GEWOGE, die für uns die
Einladungen an die Mieter verschickt hatte. Auch ihr gefiel
das Fest....
Um halb sechs packte ich die Kamera und Blitzanlage ein,
der Grill war alle, fünf Fässer Bier ausgetrunken. Die
Bewohner brachten Whiskys, Wodkas und Sliwowitz aus ihren
Wohnungen, Schischah, die Wasserpfeife machte die Runde,
alles ohne Spannungen, ohne Streit, friedlich saßen immer
noch die Meisten draußen und als die Jungs von der Firma
KERRES ihnen die Tische & Bänke wegnahmen, brachten sie
aus ihren Wohnungen eigene Tische und Stühle, bildeten
einen Kreis und feierten weiter. Auch als wir uns bedankten
und verabschiedeten…
Montag
4.6.2007
Um 10 Uhr bei Frau Forsch-Fücker. Eine Wohnung unter dem
Dach, gespickt mit Erinnerungen. An ihren verstorbenen Mann
Albert Fücker, SPD Lokalpolitiker.
Um ihn ging es auch. Sie pflegt sein Erbe und würde ihn
gerne auf irgendwelche Art in das Projekt einbringen. Wir
saßen in der Wohnung, sie erzählte über ihren Mann, aber
wir erfuhren mehr über sie und ihre Person.
Wir verabredeten uns für nächste Woche. Sie sucht alte
Fotos und anderes Material über ihr Mann aus und wir
bringen einen Scanner mit…
Schnell zu STAWAG. Mit drei Exemplaren von modifizierten
Gestattungsvertrag trafen wir Herr Siegers. In einem leeren
Raum und entspannter Atmosphäre unterschrieben wir den
Vertrag mit der STAWAG für das Umspannwerk gegenüber von
NORMA.
Nachher fuhren wir in den Kindergarten in der
Barbarastraße. Die Fotos abzugeben. Ein Set für den
Kindergarten, ein zweites Set für die Eltern.
Zu jedem Bild legte ich ein Einwilligungsformular bei. Die
Betreuerinnen bat ich die Fotos im Tausch gegen die
Unterschriften abzugeben....
Zu Dr. Sendzik. Das Gespräch im Wartezimmer. Er kam und
machte uns endgültig klar, dass er nicht an die Wand will,
und auch sonst mit dem Projekt nichts zu tun haben möchte.
Aber mit der Fassade können wir machen was wir wollen.
An sich hat er auch mit der Hüttenstraße nichts zu tun…
sagte er… und verschwand wieder zu seinen Patienten…!
Unser letzter Termin war ein paar Meter weiter. Familie
Hubert und Martha Ritzen. Er ist ein kommunikativer Mann
mit regem Interesse am Leben in der Straße. Er verteilt
monatlich die Pfarrbriefe und kennt in der Straße jeden
Hund und jedes Kind. Herr Ritzen arbeitete lange bei
Philips und identifiziert sich bis heute mit der Firma.
Die Wohnung wirkte wie ein Museum. Herr Ritzen ist ein
Sammler. Er sammelt alles, wovon er mehr als drei Stück
findet. Seine Frau Martha hat eine sehr skeptische
Beziehung zur Leidenschaft ihres Mannes…
So blätterten wir durch Zeitschriften und Alben von den
60ern Jahren bis heute, erfuhren viel über die
Fußballmannschaften in Aachen und Umgebung und verabredeten
uns zum Schluss zu einem Spaziergang durch die Straße. Wir
gehen mit Herrn Ritzen und ab und zu klingeln wir bei den
verschiedenen Leuten und fotografieren sie…
Als wir die Ritzens verlassen hatten und ich nach Köln
fuhr, fiel mir ein, dass dieser redselige Herr Ritzen an
die Fassade von Sendzik am besten passt. Und es wäre der
Vorlage gar nicht entfernt, mit der wir schon über ein Jahr
hausieren gehen…
Dienstag
5.6.2007
Den Entwurf für die erste
Fassade gemacht. Das Kinderbild. Bei den Kinderaufnahmen
ist eine Doppelbelichtung entstanden. Sie ist ungewollt
gelungen, so dass ich es als Geschenk betrachtete und
dieses Bild unverändert als Hauptmotiv nahm. In dieser
Komposition definierten sich quasi selbstständig alle
theoretische Ansprüche, die ich mit mir schon seit langem
herumtrug. Die Monumentalität mit einem filigranen Schuss,
ein bisschen Geheimnis, meine Farbigkeit. Das Alles nahm
plötzlich eine Gestalt auf einer zufälligen Art, die ich
sofort annahm.
Das Bild garnierte ich rund um mit den Kindern, die wir
porträtiert hatten. Mit allen Kindern…
Am Ende der Nacht kam ein Kitsch heraus. Enttäuscht und
frustriert ging ich schlafen.
Am nächsten Tag war mir klar, wo ich den Fehler gemacht
habe. In diesem ersten Bild wollte ich es allen gut machen.
Kindern, Eltern und den Erziehern. Ein Erkenntnis, dass es
nicht geht…
Dienstag
12.6.2007
Den ganzen Tag spielte ich mit den Farbkombinationen für
das Kinderbild. Danach ging ich in die Dunkelkammer um die
zusätzlichen Bilder zu vergrößern. Ich wusste schon welche,
klebte sie an, kolorierte sie, es ging schnell. Zwei
Stunden nach Mitternacht war das erste Bild fertig…
Donnerstag
14.6.2007
Pünktlich um 10 Uhr vor dem Haus Frau Forsch-Fücker.
Aus der Sprechanlage erklang ihre überraschte Stimme. Sie
entschuldigte sich, muss zu einem Termin, hat keine Zeit.
In der Morgensonne, während wir unten auf sie warteten,
zeigte ich Roger stolz das erste Bild. Ich sah ihm die
Enttäuschung im Gesicht. Ich weiß es nicht, was er erwartet
hatte, aber das Bild war es bestimmt nicht. Ich merkte, wie
ihn das Bild verstimmte. Inzwischen kam Frau Forsch-Fücker
nach unten. Sie entschuldigte sich nochmals. Sie hatte
gestern Nacht einen von uns angerufen und auf dem AB eine
Nachricht mit Absage hinterlassen.
In der Morgensonne haben wir eine neue Verabredung
ausgemacht.
Ins Stadtteilbüro in der Elsaßstr. Mit Frau Dormann das
Fest zum Enthüllen unserer Arbeit zu besprechen. Wie groß
es sein soll, wo es stattfindet, welche Musik spielt, wer
eröffnet es. Wir sprachen über die Organisation, ohne einen
Termin festgelegt zu haben.
Samstag 16.6. 2007
Sommerfest der Aachener Stadtkadetten. Das Fest fand im
Garten des Kindergartens statt, da, wo wir die Kinder
fotografiert hatten.
Mit Roger bin ich eine Stunde vor Beginn des Festes
angekommen. Die Kadetten bauten Zelten und Theken auf, die
Küche wurde vorbereitet, die Musiker kamen an und bauten
ihre Anlage auf. Mit Herr Beckers standen wir an einem
Tisch, beobachteten das Geschehen und sprachen über die
kleinen lokalen Konflikte. Zum Fotografieren kam es nicht.
Herr Beckers will einen Kostümfest seiner Kadetten in
seinem Garten organisieren, nur für uns…
Dienstag 19.6.2007
»Sie sind aber pünktlich« hallte es laut und fröhlich aus
der Sprechanlage. Frau Forsch-Fücker bereitete alte Fotos,
Zeitungsausschnitte und anderes Material zum scannen vor.
Materialsammlung für unser Buch. Eine Hoffnung, dass man
bei der Suche etwas Überraschendes findet, was einen weiter
bringt.
Herr Ritzen war schon auf der Straße. Das bunte Hemd
flatterte um ihn herum, neugierig wie er selbst. Beim
Kaffee erklärten wir ihm den Konzept der Fassade von Dr.
Sendzik Haus. Er nickte und wir verabredeten gleich einen
Termin zum Fotografieren.
Nochmals das Haus der Stadtkadetten dokumentiert. Herr
Wolff, der Eigentümer des Hauses kam raus und plauderte mit
uns.
Vor dem alten Umspannwerk trafen wir Frau Dormann und Herrn
Siegers vom STAWAG. Der Verwalter schloss die große Tür auf
und wir traten rein.
Vor uns erstreckte sich ein langer Gang, von dem 5 oder 6
Nischen nach links gingen. In jeder Nische befand sich ein
großer, abgeschalteter Transformator, der fast den gesamten
Raum füllte, so dass nur enge Gassen an den äußeren Wänden
der Nische begehbar blieben.
Das Umspannwerk hat hinten einen Garten und viel grün rund
herum, auch das könnte man gestalten…
Der Rundgang war kurz, Herr Siegers reservierte für uns den
Termin. Frau Dormann von Stadtteilbüro versprachen wir, ein
verbindliches Datum zur Enthüllung zu nennen, sobald sie
aus dem Urlaub am Ende Juli zurück ist. >
Konzeptpapier von
Stephanie Dormann (i.A.)
Der Termin der
Vollendung hängt von meinem Tempo, Kreativität und dem
Umgang mit den Themen ab.
Wieder die aufdrängende Frage: Welche Qualität müssen die
Bilder haben, die dieses, fast dreijähriges Bemühen um die
Realisation rechtfertigen können?
Sie müssen monumental sein, keine unnötige Details, eine
klare Geste. Sie müssen aber auch filigran sein, Details
haben, die die stumpfe Monumentalität verfeinern, Richtung
geben. Das ist das Formelle. Dazu kommen Inhalte von der
Straße diktiert. Zeitlosigkeit und Geheimnis sind
Kriterien, die meine Bilder abrunden.
Angst vor den Bildern habe ich nicht. Die morale Ansprüche
an die Murale Bilder haben die zwei harten
Entwicklungsjahre nur verstärkt. Momentan habe ich das
Gefühl, dass es nicht nur Bilder über die Straße werden,
sondern über den ganzen Entstehungsprozess. Und die Frage
»Welche Qualität müssen die Bilder haben, die dieses fast
dreijährige Bemühen um die Realisation rechtfertigen
können?« ist nur eine Notiz zum verantwortlichen Umgang mit
den Bildern. Schließlich entstehen sie nicht jetzt, sondern
während der ganzen Zeit. An einer merkwürdigen Sparflamme
kochen sie ununterbrochen in meinem Kopf.
Im Kindergarten holten wir von
Frau Hard die Einwilligungen zu den Fotos.
Donnerstag
21.6.2007
Zu Hause liegen zwei große Mappen mit den historischen
Aufnahmen des alten Hüttenwerks. Die Aufnahmen wurden so um
das Jahr 1904 gemacht. Der Aachener Hütten-Aktien-Verein
war in voller Blüte. Ausdruck des Selbstbewusstseins waren
die Fotos, die einem professionellen Fotografen aufgetragen
wurden. Der unbekannte Fotograf schaffte mit seiner
großformatigen Kamera feine Ikonen der industriellen Zeit.
Die riesigen Maschinen sind in Vordergrund, die kleinen
Menschen sind eher Statisten. Man hat das Gefühl, dass sie
nur abgebildet sind, um die Größe der Maschinen zu
demonstrieren…
Nicht unähnlich den Ameisen, bevölkern die Menschen alle
Winkel der S/W Bilder.
Die Negative gelangten in den Stadtarchiv, wo vor Jahren
Frau Kunz, Vorgängerin von Frau Dormann, bei der Recherche
für die Ausstellung über die Hütte auf sie stieß. Sie ließ
sie auf Barytpapier vergrößern und organisierte 2004 eine
schöne Ausstellung im alten Umspannwerk unter dem Titel:
»frisch ans Werk – Leben und arbeiten in Aachen-Rothe Erde
– Historie eines Stadtteils«. Seit der Ausstellung lagen
die Bilder im Stadtteilbüro herum. Jetzt hatte ich die zwei
Mappen zu Hause.
Ab und zu guckte ich rein. Vor allem die kleinen Menschen
in jeder Ecke der Bilder faszinierten mich. An einem Abend
kam ich nach Hause und in einem Zug holte ich sie alle mit
dem digitalen Makro Programm aus ihren Verstecken. Ich
spürte jedes Figürchen auf und brachte sie ins Leben
zurück. Als ich sie Alle gerettet hatte, fing ich mit einer
großen Collage an, wo ich sie, bei einer Versammlung mit
Alfred Fücker alle zusammen brachte...
Mittwoch
27.6. 2007
Ich fuhr direkt zu Ludwig Forum und baute die Blitzanlage,
Stativ und Kamera auf. Roger holte Herrn Ritzen bei ihm zu
Hause ab. Hubert Ritzen (nach dem Fotografieren bot er uns
das »Du« an) ist ein gutes Modell. Fotogen und
ununterbrochen gut drauf. Sein Gesicht ändert sich, wie bei
kleinen Babys, von Sekunde zu Sekunde, man kann mit diesen
Fähigkeiten gut arbeiten.
Nach der Sitzung haben wir uns die Sammlung des Ludwig
Forum angeschaut. Ab und zu fragte ich Hubert Ritzen nach
seiner Meinung über die Bilder. Ich bekam manche
überraschende Antworten....
Freitag
29.6.2007
Jochen Bank kam vorbei. Wie bei einem Verhör stellt Jochen
hartnäckig immer wieder die gleichen Fragen. Er lässt nicht
locker, bis man eine präzise Antwort gibt. Er bekam 15
Minuten Sendezeit für seinen Film und muss ganz genau
planen. Drei Drehtage mit komplettem Kamerateam. »Die
müssen von Morgen bis Abend eingespannt sein«, erklärte er.
Bei ihm muss das Konzept auch erst entstehen…
Samstag
30.6.2007
Ich habe die Bilder mit Hubert Ritzen sortiert und klein
abgezogen. Viel Arbeit, bis die Vorstellungen stimmen.
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