Die Autobahn Köln – Aachen – Köln. Das Gefühl, dass ich die Strecke blind, schlafend fahren kann. Mal, von glücklichen Gefühlen getragen, dauert die Reise nur paar Sekunden. Andersmal, begleitet von Misserfolgen, schleppt sie sich mit dem Gefühl, stundenlang unterwegs zu sein. Ich kenne alle Baustellen, alle Lauerstellen der Polizei. Ich freue mich jedes Mal das Kraftwerk in Weisweiler zu sehen. Wie ein gekentertes Schiff, halbversunken in der Erde liegt es da und produziert pausenlos neue Wolken.
Ich freue mich auf die Rothe Erde hin und auf Ehrenfeld zurück.....
Ich freue mich auf den Tag, wenn ich für diese unendlichen Reisen endlich bezahlt werde.....
Montag 10.4.2006
Nach Düsseldorf. Vier Stunden haben wir mit Roger die Kosten berechnet, die Besuche bilanziert, herumtelefoniert, über das Projekt sinniert. Es ist viel in Bewegung, keiner weißt aber, wo sich das hinbewegt.
Etwas in Bewegung setzen, was sich dann schwer stoppen läßt.....

Gründonnerstag 13.4.06
Bei der technischen Ausarbeitung des Projektes versuchten wir die beiden Malermeister, Herren Wilden und Olechs, Eigentümer der Mauer an der Hüttenstraße 69, miteinzubeziehen. Es entsprach unserer Idee vom Projekt und ergänzte es geradezu Beispielhaft.
Herr Olech zeigte bald kein Interesse an der Zusammenarbeit. Herrn Wilden weihten wir in unseren Sachverstand ein, schickten ihm die Liste mit den vorgesehenen Wänden & Mauern, baten ihn, uns bei der Entwicklung der Murale Fotografie zu helfen.
Und so arrangierte Herr Wilden heute ein Treffen mit Herrn Clever, Vertreter der Fa. Remmers. Herr Clever informierte uns über den Stand der sich auf dem Markt befindlichen Materialien und Techniken.

Es ging um transparenten Putzschlamm, und ob unser bedrucktes Material geeignet ist, wie sich die Mauer darunter verhält, wann was schimmelt und ob überhaupt. Es war der erste Schritt zu Realisation.
Welchen Wandputz nehmen wir?
Eine Stunde später, ein paar Hundert Meter weiter wurden wir an der Pforte der Firma Philips von Herrn Rühl abgeholt. Er lotste uns durch das Gelände, erklärte unterwegs dies und das zu den alten Hallen und Gebäuden und lud uns in die riesige, leere Firmenkantine zum Kaffe ein. Wir stellten ihm das Projekt vor, gaben ihm eine Mappe, in der er blätterte, während er sich die Pfeife stopfte. Er lehnte sich gemütlich in den unbequemen Stuhl und erzählte dann ein bisschen von seinen Wurzeln hier und über die neuere Geschichte der Rothe Erde. Es war ihm nicht egal, was hier mit dem Viertel passiert. Er versprach uns Hilfe, auch wenn uns nicht klar wurde, wie, wo oder womit uns die Firma Philips helfen könnte. Architekt Rühl war uns so sympathisch, dass wir ihn spontan zu der, nächste Woche stattfindenden Eigentümerversammlung einluden.

Mittwoch 19.4.2006
(Brief vom Stadtteilbüro)
Do.20.4.06
(Brief an die Fa. Continental)
Dienstag 25.4.2006
Um 10 Uhr die Sitzung mit den Damen Bollwerk vom Rechtsamt und Dormann & Petersen von Stadtteilbüro. Heute handelten wir Modellverträge aus. Für uns einen Werksvertrag und für die Eigentümer einen Gestattungsvertrag.
Die Lage ist gereizt, es stockt überall. Als Reaktion habe ich für die Sitzung einen Text verfasst, in dem unser Unmut zu Sprache kommt. Ich las es gleich am Anfang der Sitzung vor. Da es auch um Rogers Anerkennung ging, passte es gut, dass er sich verspätete und erst als wir über den Inhalt diskutierten, kam.
Anschließend feilten wir drei Stunden an den Verträgen und kämpften um sie...
Notizen zur Sitzung

Mittwoch 26.4.2006
Eigentümerversammlung im Stadtteilbüro in der Hüttenstraße. Wir waren zuversichtlich und dachten gut vorbereitet zu sein. (Einladung)
Der Raum füllte sich langsam. Es kamen fast alle angesprochenen Eigentümer. Jeder bekam einen ausgearbeiteten Vertrag in die Hand, nahm Platz in der Halbrund und vertiefte sich in der Lektüre.
Nach eine Weile begrüßte Frau Dormann die Leute, forderte uns nochmals auf, das Projekt vorzustellen, was an sich überflüssig war, denn es war der Gegenstand des Vertrages. Der Verwalter, Herr Berger ergriff das Wort. Er hielt, wie bei unserem ersten Treffen, eine Art Vortrag, nun hatte er jetzt ein größeres und sehr interessiertes Publikum, das aufmerksam zuhörte. Zum Schluss appellierte er an die Eigentümer, diesen Vertrag nicht zu unterschreiben. Wenn uns die Leute am Anfang wohlbesonnen waren, kippten sie jetzt um, und ich hatte gas Gefühl, dass sie plötzlich alle gegen uns waren.
Beeindruckend an Herrn Bergers Rede war, die Kompetenz und die Kenntnis, mit der er sie vortrug. Er deckte alle Schwierigkeiten des Vertrages auf. Auch die Frist von 20 Jahren....
Die Eigentümer verließen schweigend eins nach dem anderen das Stadtteilbüro. Es blieb kein Schimmer Hoffnung für uns, dachte ich.
Weder Frau Dormann noch Frau Bollwerk hatten mit so einem Fiasko gerechnet. Die Verträge waren schlichtweg unakzeptabel, die Bedingungen unerfüllbar und übertrieben.
Wir unterschätzten die Gruppendynamik der Sitzung. Es kippte, weil es keinen Moderator gab, der die Interessen beider Seiten in einen Konsens gelenkt hätte. Die Leute sprachen emotional durcheinander, es gab zu viele Fragen, aber kein Raum, keine Ruhe um sie zu beantworten.
Es war eine große Lektion, die uns die Eigentümer erteilten. Wir waren wieder am Anfang, und wenn die Stadt die ganze Aktion nicht kippt, was mich nicht gewundert hätte, müssen wir irgendwo von vorne beginnen.
Roger hat mir ein Mail geschickt, er bittet um Abstand.
(Rogers Mail vom 1.5.06)
Es waren trostlose Tage mit Schweigen gefüllt. Ratlosigkeit breitete sich aus. Keine wusste genau, wie man mit dem Projekt umgehen soll. (Petersen Mail von 5.5.06).
Montag 8.5.06
Auf der Visitenkarte der Firma Bock aus Aachen steht als Motto: HANDWERK UND INSPIRATION.
Mit dem Kundenberater der Firma, Herrn Berretz trafen wir uns wieder bei Herrn Wilden.

Nun, nach der Sitzung mit den Eigentümern spürte ich auch bei Herrn Wilden, dass die Luft raus war. Auch gelang es uns nicht, die Vertreter der verschiedenen Baufirmen für das Projekt zu motivieren. Auch von der Vorstellung der Murale Fotografie wollte ich nicht abrücken. So korrespondierten wir weiter mit Firmen, Verwaltern und Eigentümern. Es fehlte aber die Ordnung, Übersicht, Motivation und auch die Lust.
Donnerstag 11.5.2006
Heute sollte das Projekt durch den Hauptausschuss, wurde aber von der Tagesordnung genommen.
Donnerstag 18.5.2006
Dienstag 23.5.2006
Die E-Mail von Frau Dormann war der Tiefpunkt des Projektes. Bisher hatten wir auch nur mit ihr oder Frau Petersen verhandelt. Auch wenn sie für uns zuständig waren, war es immerhin ein städtisches Projekt mit bestimmt großer Hierarchie und vielen, allzu vielen Vorgesetzten. Wir standen vor verschlossenen Türen, reingelassen wurden wir jedoch nicht.
Jetzt ist die Zeit, die Vorgesetzten und die Vorgesetzten der Vorgesetzten kennen zu lernen.
Nächsten Morgen schrieb ich einen Brief an die Vorgesetzte des Projektes, Dezernentin für Planung und Umwelt in Aachen, Frau Nacken:
Guten Tag Frau Nacken,
es gibt viele Sachen, die ich nicht verstehe. Es gibt viele Fragen, auf die wir gerne Antworten hätten, es gibt aber auch viele Fragen, auf die wir Antwort wissen, aber kein Ohr dafür finden.
Es gibt aber auch Botschaften, die wir zwar weitergeben, die aber, wie bei Stille Post, ganz anders ankommen.
Das Alles führt zu Mißverständnissen...
Andererseits müssen wir für das Projekt kämpfen, als ob es das einzige Projekt dieser Welt wäre.
Frau Nacken, hätten Sie eine halbe Stunde Zeit, mit uns zu sprechen...?
Roger druckte mir ein Packpapier mit unseren Collagen und ich schickte es in das Dezernat 3 der Stadt Aachen.
Es erwies sich als ein richtiger Schritt. Zu gleicher Zeit formulierte Frau Nacken mit Frau Dormann einen Brief mit 16 Fragen. Es war nicht das Ende, es war ein Anfang, ohne das Alte komplett wegschmeißen zu müssen.
16 Fragen > Teil 1 > Teil 2
Es war ein Zeichen zu rechter Zeit, ein Vertrauensbeweis, gerade das, was wir brauchten.
Roger konzentrierte sich auf die 15 mehr oder weniger technischen Fragen. Ich beantwortete die sechzehnte.
Am Dienstag den 30.5. 06 fuhr ich nach Düsseldorf, wo wir mit Roger unsere Antworten in Form brachten. Nächsten Tag kopierte ich es, machte daraus ein Buch und schickte es zu Händen von Frau Nacken.

Dienstag 6.6.06
In der Firma Bock. Herr Berretz hatte irgendwo auf dem Gelände ein Stück Murale Fotografie in die Fassade eingearbeitet. Er selber war in der Firma nicht anzutreffen und auch sonst konnte uns keiner weiterhelfen.
Das Stück des von uns bedruckten Stoffes hatte er irgendwo auf dem Gelände der Firma an die Wand geklebt, später ließ er uns ausrichten, dass es so, wie wir uns das vorstellen, nicht funktioniert. So fand die Murale Fotografie ihr vorläufiges Ende, bevor sie überhaupt anfing.
Zwei Stunden später hatten wir eine Besprechung im Stadtteilbüro. Die gewöhnliche Runde wurde von Herrn Bergaß erweitert, unmittelbarer Vorgesetzter des Stadtteilbüros.
Herr Bergaß, ein klarer Mensch, gab dem Projekt neue Struktur.
Wir einigten uns gemeinsam auf einem neuen Fahrplan und änderten die Technik. Die Bilder werden nicht in den Putz verarbeitet, sondern als Planen vor die Wand gehängt.
Bis Ende des Monats müssen wir ein neues Konzept entwickeln, auch darüber, wie wir die Eigentümer neu überzeugen.
Die Frist von 20 Jahren blieb uns weiterhin erhalten......
Protokoll
Donnerstag 8.6.06
Einladung zu der Dezernentin, Frau Gisela Nacken, in ihrem Büro.
Es hat sich alles schon zwei Tage vorher im Gespräch mit Herrn Bergaß entschärft und erledigt. Und so saßen wir bei Frau Nacken und lernten uns entspannt kennen.
Nachher nochmals zu der Fa. Bock, wo ich auf dem Gelände Abschied von der Murale Fotografie nahm.
Hoffnung, dass die Arbeiten nicht wie Reklame aussehen werden.
Sonntag 25.6.06
E-Mail von Roger
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